„Wer übernimmt hier eigentlich die Führung?“

In unserer patriarchalisch geprägten Kultur hatte lange Zeit hauptsächlich der Mann „das Sagen“ und bestimmte sowohl in der Politik, als auch in der Familie mehr oder weniger die Richtlinien und setzte diese auch durch. Frau und Kinder ordneten sich meist dem Willen des Mannes unter. Spätestens durch die Frauenbewegung im beginnenden 19. Jahrhundert und die damit einhergehende Emanzipation der Frau hat sich diesbezüglich langsam einiges verändert und Frauen stehen heute alle Möglichkeiten offen. Viele Menschen sind der Meinung, dass trotz der absoluten Gleichstellung von Mann und Frau in unserer Gesellschaft dennoch subtile Unterschiede nach wie vor bestehen und Frauen beispielsweise immer noch eine Benachteiligung, was z. B. die Entlohnung im Job angeht. Anders herum hat teilweise hat die Emanzipation beispielsweise auch bewirkt, dass Frauen ihre femininen Seiten zugunsten einer Männlichkeit aufgeben und in typisch männlichen Bereichen die Führung übernehmen. Das Kamasutra und viele andere große Lehren der Menschheitsgeschichte fordern weder eine matriarchale, noch eine patriarchale Gesellschaft, sondern eher eine Ausgeglichenheit beider Geschlechter, ein Sich-Einfinden in die naturgegebenen Rollen. Die Folge davon ist, dass die Geschlechter abwechselnd Führungsrollen übernehmen, je nachdem, um welchen Lebensbereich es sich handelt und je nachdem, wer von beiden im jeweiligen Bereich besser für die Führung geeignet ist. Abgesehen davon übernimmt der Mann in einer Partnerschaft naturgegeben eine leicht führende Position, die jedoch sich der Frau nicht aufdrängt oder ihr ihren Willen nimmt. Der Sexualakt ist dann sozusagen ein Spiegel oder der Ursprung für diese Ausgeglichenheit der Rollenverteilung und für ein ausgeglichenen Miteinander, denn die sexuelle Energie steht an der Wurzel einer Beziehung. Das Kamasutra legt wert auf die Wertschätzung des Mannes der Frau gegenüber und umgekehrt. So zum Beispiel liegt zwar in vielen der 64 Stellungen die Frau unter dem Mann, jedoch übernimmt sie auf subtile Art und Weise dennoch die Führung, indem sie zum Beispiel wie bei der siebten oder achten Stellung über die Beine den Rhythmus angibt. Die Natur ist ein Zusammenspielt von „Ying“ und „Yang“, von Himmel und Erde, von männlicher und weiblicher Kraft. Im Kamasutra kommt die Frau auch oft als Lehrerin des Mannes vor, die gerade beispielsweise jungen Männern, die ihre Körper noch nicht so unter Kontrolle haben zu mehr „Disziplin“ im Sinne des Kamasutra verhilft. Die Erfahrung von Ekstase und Glück liegt genau in der Mitte, das ist unter anderem die Lehre des Kamasutra. Ebenso verhält es sich mit der : bei einigen Stellungen kommt die Frau mehr auf ihre Kosten und der Mann sorgt sozusagen für deren Befriedigung und Ekstase, bei anderen Stellungen wiederum ist der Mann „an der Reihe“ und darf vor allem genießen.